Crufts - wenn aus Träumen Wirklichkeit wird

Crufts – es war mein Traum mich mit Ella dafür zu qualifizieren. Ich weiß, die richtigen Kenner werden jetzt sagen: „Wenn du einen Internationalen Schönheitschampion hast, dann kannst du auch auf die Crufts fahren.“ Ist für mich aber nicht dasselbe, daher habe ich mir geschworen, wenn Ella sich qualifiziert – komme was wolle – wir werden dorthin fahren. Nun hatten wir ein echt traumhaft-verrücktes Jahr 2018. Ella hat so viele Championtitel erreicht, wurde zum ersten Mal bei großer Konkurrenz BOB, hat alle Voraussetzungen für den Internationalen Schönheitschampion erfüllt und als wir eigentlich nur als Begleitung nach Polen mitfuhren, holte sie doch tatsächlich die Qualifikation. Ich war zu Tränen gerührt und konnte es kaum glauben. 2018 war einfach unser Ausstellungsjahr gekrönt von der Qualifikation für die Crufts. Am selben Abend machte ich noch etliche englische Websites unsicher um zu sehen, wie es nun weiter geht. 

Ella musste beim Kennel Club (englischer Dachverband) registriert werden. Ich bereitete alles vor und sendete auch alles zu. Jedoch kam es zu einem regen Mailwechsel zwischen den Mitarbeitern des Kennel Clubs und mir, weil es scheinbar Probleme mit der Identifikation meiner Person als Besitzer gab. Kurz vor knapp am 21.12.18 (Einsendeschluss für die sogenannten ATC-Nummern) bekamen wir per Mail mitgeteilt, dass alles in Ordnung ist und Ella die Registrierung (ATC-Nummer) bekommt. Einige Wochen später war sie im Briefkasten und ich konnte Ella für die Crufts melden. 

Im Laufe des Februars bekamen wir Post mit etlichen Erklärungen und Erläuterungen, Ellas Startnummer, Parkausweis und der Eintrittskarte.

Ich wusste, dass die Crufts keine kleine Ausstellung ist, was ich nicht wusste, welche Popularität sie in England hat. Ich war überwältigt, dass ich sogar abends im normalen TV vom 7. bis 10. März zu verschiedenen Zeiten etwas von der Crufts im britischen Fernsehen sehen konnte. Das Abendprogramm im Hotelzimmer stand daher jeden Abend fest. 

Am Samstag den 9. März ging ich ohne Ella auf die Crufts. Einfach als Besucher mal dort sein und die Atmosphäre aufschnappen. Nachdem ich circa eine halbe Stunde vom Messeparkplatz zu den Messehallen gelaufen war, war ich das erste Mal völlig fertig. Eine derart weite Strecke habe ich als Besucher einer Messe noch nie zurückgelegt. Was mich dann aber erwartet hat, war für jede selbsternannte Shoppingqueen (mit Hund) das reinste Paradies: Es gab fünf Messehallen voll mit Verkaufsständen. Da ist in meinen Augen die Hundeausstellung fast zur Nebensache geworden. 

 

Die Halle 3 ist mit Abstand die größte Halle gewesen. Hier tummelten sich die ganzen Futtergiganten und ein großer Teil der Messehalle wurde von verschiedenen Rassevereinen zur Rassepräsentation verwendet. 

In Halle 2 waren ebenfalls nur Einkaufsstände. Man konnte einfach alles kaufen, Leine, Halsband, Hundebetten, Decken, Hundemantel, Trinknapf, Rosetten, Heimbedarf, Schmuck, Outdoor-Kleidung, Futter, Leckerlis, Hundebücher, Hundetüten, … 

In Halle 1 war ebenfalls ein großer Teil voll mit Verkaufsständen. Der andere Teil jedoch bestand aus großen Ausstellungsringen und jeweils einer Zweierreihe Stühle für Zuschauer und den sogenannten Benches. 

Von Halle 1 aus konnte man direkt in die Arena gehen. Hier ist an jedem der vier Tage Programm geboten worden. Begonnen bei Agility, Flyball bis hin zu den Gruppenwettbewerben und dem Best in Show-Programm zur Krönung der vier Tage Crufts am Sonntagabend. Ich ließ mir dieses unglaubliche Ereignis natürlich nicht entgehen und hatte mir als Programmpunkt das Juniorhandling ausgesucht, um es von der Tribüne zu sehen. Bisher kannte ich diese Arena nur von YouTube-Videos. Als ich dann dort saß, war mir erst so richtig klar, wo ich eigentlich bin. Ich saß auf der Tribüne der größten Hundeausstellung der Welt und sah gleich das Live, was ich mir sonst am Wochenende auf YouTube angesehen hatte, das Juniorhandling-Finale – die Creme de la Creme aus aller Herrenländer. Die glitzernde Kulisse mit grünen Crufts-LED machten mich einfach nur sprachlos. 

Nach dem Juniorhandling ging es für mich weiter in die Hallen 4 und 5. Hier war ich den ganzen Tag noch gar nicht und ich hatte mich schon drei Stunden auf der Messe aufgehalten. Zu lange wollte ich Ella im Hotel schließlich auch nicht warten lassen. Der Rückweg von der Arena in Halle 1 war beeindruckend. Etliche Menschenmassen standen Schlange, um in die Arena zu kommen. Generell war es wahnsinnig voll. Von links und rechts hörte ich, einige Besucher schimpfen: „Was sie erwartet hätten, Samstag sei nun mal der vollste Tag auf der Messe.“ Das habe ich zu spüren bekommen, denn die Gänge waren absolut voll. Hier und da blieb mal jemand abrupt stehen, weil ihm etwas an einem Stand gefallen hatte. Auch bei den Benches und an den Ausstellungsringen war es sehr voll. Es dauerte also seine Zeit, bis ich in Halle 4 ankam. Was orientierungstechnisch sehr hilfreich ist, dass in jeder Halle eine andere Teppichfarbe durch die Messestände führt, so verliert man zumindest bei den Hallen nicht den Überblick. Ebenfalls Halle 4 war voll von Verkaufständen. Die Halle 5 teilte sich, so wie Halle 1 auf, in einen Teil mit Ausstellungsringen und den dazugehörigen Benches und den Verkaufsständen. Nach etwas mehr als vier Stunden verließ ich am Samstag die Messe. Es war mir zu voll und da finde ich es wirklich gut, dass Besucher keine Hunde mitbringen dürfen, dafür ist wirklich kein Platz mehr in den Gängen gewesen. Ich bin durch jede Halle gelaufen und habe jeden Messestand einmal gesehen. Ein kleiner Tipp für die, die es auch mal zur Crufts verschlagen sollte, fangt nicht an Preise zu vergleichen oder denkt ihr findet einen Stand jemals wieder. Am besten alles sofort kaufen oder zumindest die Halle merken, in der man etwas gesehen hat, sonst ist man maßlos verloren. Ich habe ein paar Bücher gekauft (auf Englisch natürlich), einen Dalmatiner-Clip und gefühlt habe ich den Crufts-Merchandising Shop leergekauft. Eine Jacke, eine Kaffeebecher, ein weiterer Clip (und einen für die Mama), eine Schleife haben es in die Einkaufstüte geschafft.

Im Jahr 1891 startete die Crufts zum ersten Mal unter ihrem jetzigen Namen. Charles Crufts rief diese Hundeausstellung ins Leben. Bis 1990 wurde das jährliche Event in London abgehalten, seitdem wird die Crufts im National Exhibition Center (kurz NEC) in Birmingham ausgetragen. 

 

Ich habe im Laufe des Textes nun schon sehr oft das Wort Benches erwähnt. Etwas, dass wir Deutsche so nicht kennen: Benches sind die Aufenthaltsorte für die Hunde während einer Ausstellung. Hiermit soll Ordnung geschaffen werden und jeder Hund einen Rückzugsort bekommen. Auf den Benches liegen am Morgen die Startnummern der Hunde aus und somit hat jeder Hund einen ausgewiesenen Platz. Die Startnummern werden zweifach ausgehändigt, eine muss am Platz des Hundes bzw. der Hundebox befestigt werden, die andere ist für den Ausstellungsring. Ellas Hundebox hat tatsächlich auf die Bench gepasst, aber wir paar deutschen Dalmatineraussteller haben uns am Rande der Halle mit unseren Hundeboxen niedergelassen und das war auch für die Security in Ordnung so. 

Nun machen wir mal weiter mit dem Geschehen am Sonntagmorgen. Ich hatte eine sehr unruhige Nacht. Meine Augen tränten, ich hatte Kopfschmerzen und meine Nase lief ununterbrochen. Es ging mir nicht gut, ausgerechnet an dem Tag, den ich mir immer erträumt hatte. Frühmorgens klingelte der Wecker. Unser Rucksack war schon gepackt, ich musste mich also nur noch in meine Klamotten werfen, Ella brauchte Frühstück und dann ging es los – bei Regen. Das waren ja schoneinmal die besten Voraussetzungen. Ich hatte ein sogenanntes „Drop off“-Ticket, mit dem ich berechtigt war, vor unserer Ausstellungshalle zu parken und mein ganzes Gepäck bereits abzuladen. Soweit der Plan. Die Realität sah anders aus. Ich lief im strömenden Regen über das Gelände der NEC mit Hundebox und Campingstuhl bis ich nach 20 Minuten den Eingang der Halle gefunden hatte. Ich bin also scheinbar irgendwie bei der Beschilderung für die „Drop off“-Parkplätze hängen geblieben und nicht bis dorthin gefahren. Tja, dann musste ich nun meine Bench finden. Auch das war äußerst spannend, denn mir war absolut nicht klar, wie ich unsere Nummer finden sollte. Zum Glück gab es erfahrene nette Engländer, die mir schnell helfen konnten. Ich musste allerdings wieder zurück zum Auto, denn Ella wartete und wir durften nicht lange dort stehen, wo wir (falsch) standen… 

Einen Langzeit-Parkplatz habe ich sehr schnell gefunden, allerdings hatte es noch nicht aufgehört zu regnen und ich wusste vom Vortag, wie lang die Strecke vom Parkplatz in die entsprechenden Hallen war. Zum Glück hatte ich auch noch Ellas Bademantel im Auto, sodass ich ihr diesen anzog und wir uns für den Shuttlebus anstellten. Bus gefahren bin ich mit Ella noch nicht oft und mit so vielen anderen Hunden im Bus erstrecht nicht. Wenn ich jetzt noch erzähle, dass in diesem normalen Bus auch noch vier Käfige auf Rollen standen, weiß der ein oder andere, wie voll dieser Bus wirklich war. Dafür waren wir Ruckzuck in der Halle und wurden nicht ganz so nass wie die anderen. 

 

Wie oben schon geschrieben, haben wir uns dann mit der Hundebox doch von der Bench verzogen und uns an die Seite der Halle gesetzt. Die Klasseneinteilung in England ist eine völlig andere. Ella startet in der Openclass, in der alle Champions starten müssen. Ein paar Besonderheiten im Vergleich zu unseren Klasseneinteilung gibt es durchaus auch. So sind z.B. Hunde ab 7 Jahren schon Veteranen und nicht erst mit 8 Jahren.

In anderen Bereichen geht es dafür nicht ganz so geordnet ab. U. a. Bei der Aufstellung im Ring. Bisher kannte ich es so, dass sich alle schön geordnet nach ihren Startnummern aufreihen. Nicht auf der Crufts. Jeder stellt sich bei der aufgerufenen Klasse in den Ring egal an welcher Stelle egal, wer vor oder hinter einem steht. Klar, wenn man clever ist, kann man hier schon die Gunst der Stunde für sich nutzen und sich die Leute zwischen den man stehen möchte einigermaßen aussuchen. Mir war zum Beispiel wichtig nicht direkt neben den namenhaften Doghandlern bzw. Hunden zu stehen. Ist mir auch einigermaßen gelungen, aber der Rest ist dann auch einfach Glückssache. 

Und dann kam er unser Moment. Die Richterin schaute sich erst einmal alle Hunde kurz an. Ella streichelte sie und freute sich darüber, wie sie mit der Rute wedelte: „Honey Pie“, sagte sie zu Ella und ich war beruhigt und atmete aus. Sie mochte sie und damit verflog ein wenig Anspannung in mir. Diese ganze Reise für diesen Moment, einmal streicheln, kurz hinstellen und bitte einmal kurz auf und ab laufen – danke nächster bitte.

Leider wurden wir nicht ausgewählt und sind in die engere Wahl gekommen. Aber das war nicht schlimm für mich. Mit uns stand die Creme de la Creme im Ring, jeder dieser Hunde hatte es verdient dort zu stehen und große Erwartungen hatte ich um ehrlich zu sein auch nicht daran gestellt. Ella war super drauf, hat alles prima gemacht und wir sind nicht negativ aufgefallen. Das war mir sehr wichtig. Am Abend wartete mein absolutes Highlight. Das Best In Show-Programm. Ich war so stolz, dass ich mich rechtzeitig online um Karten gekümmert hatte und neben der Ausstellung, machte mich dieser Moment wirklich neugierig. Meine Erkältung hatte mich allerdings sehr gut im Griff. Ich schleppte mich so durch den Tag und beschloss dann doch lieber ins Hotel zu fahren und mir aus dem Bett das BIS-Finale anzusehen. Der Tag war wirklich aufregend und spannend genug. Ich war mir nicht wirklich sicher, ob ich es dann später am Abend noch bis nachhause geschafft hätte. Ein wenig traurig war ich schon, aber ich bin der festen Überzeugung, dass es vernünftig war – und so habe ich einen Grund irgendwann nochmal auf die Crufts zu fahren und mir dann das BIS-Programm auch noch anzuschauen!